Longasura ist Langsur


Die Langsurer Brücke - Wichtige Wirtschaftsbrücke nach dem Krieg

06.09.2009 10:39

Recherchiert und verfasst von Erwin Weber (© 2003).  

Die meisten Einwohner von Langsur mussten nach ihrer Heimkehr aus der 2. Evakuierung 1945 feststellen, dass ihre in Luxemburg liegenden Ländereien der Gemeinde Langsur beschlagnahmt waren und unter Sequester standen.

2/3 aller Langsurer Ländereien liegen auf Luxemburger Seite. Das von der Luxemburgischen Regierung in eine landwirtschaftliche Strafkolonie für politische Gefangene umfunktionierte einstige Bauerngut Givenich übernahm die Bewirtschaftung unserer Ländereien. Alle Grenzsteine, darunter auch uralte der Abtei St. Mathias, auf denen das Beil und der Bischofsstab sowie die Buchstaben S.M. eingemeißelt waren, wurden entfernt. Alles Land wurde eingesät, bepflanzt und leider auch abgeerntet, obwohl ihre Eigentümer in großer Not waren und teils Hunger litten. Die Hoffnung der Langsurer Bürger, dass sie nun nach zweimaliger Flucht aus der Heimat und nach dem Überleben des Krieges das Schlimmste hinter sich gebracht hätten, erfüllte sich nicht. Es begann eine schwere und trostlose Zeit.Großes Handicap war auch, dass das auf deutscher Seite gelegene Ackerund Gartenland völlig vermint war und dass die Wiederherstellung der unterbrochenen Wasserleitung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten war, da mit der Sprengung unserer Wirtschaftsbrücke die daran aufgehängte, von Luxemburg kommende Wasserleitung, zerstört worden war. Die Amerikaner wurden nun durch die Franzosen abgelöst, einer Besatzungsmacht, deren eigenes Land ebenfalls arm und zerstört war. Französische Zollbeamte besetzten die Grenzen. Nur ein Teil der Langsurer Bürger bekam in den darauf folgenden Monaten Pässe ausgestellt. Diese Glücklichen hatten nun die Möglichkeit, sich auf der Luxemburger Seite Geld zu verdienen und sich Lebensmittel und Dinge, die man hier nicht bekommen konnte, zu kaufen. Das Nachhausebringen war allerdings ein Problem, da man entweder durch Zollkontrollen auf der Wasserbiiligerbrück oder durch die Sauer musste. Haupttauschmittel bei uns waren Kaffee und Zigaretten. Für 2 - 3 Pfund Kaffee konnte man ein Paar Schuhe bekommen. So mancher ängstliche Familienvater ging durch die Sauer um etwas Kaffee oder Zigaretten gegen Esswaren und Kleidung für seine Angehörigen tauschen zu können. Natürlich wurde, wie dies meistens geschieht, von einzelnen die Situation ausgenutzt. Ein reger Handel wurde betrieben und Kaffee und Zigaretten aus Langsur reisten bis in die Großstädte. Die Sorge um unsere Ernährung wurde immer größer. Man verfasste eine Denkschrift und sandte diese an die Luxemburger Regierung. Hier trat dann die jetzt 1000 Jahre alte Schenkungsurkunde wieder in den Vordergrund. Hier der Text des Begleitschreibens von Bürgermeister und Gemeinderat und des damaligen besorgten Pfarrers von Langsur.

 

 

An die Großherzoglich - Luxembourgische Regierung In Luxembourg.

Im Namen unserer Mitbürger überreichen wir, Ortsbürgermeister und Gemeindevertretung, durch gütige Vermittlung des Herrn Konsul Dr. Esslen in Trier, unsere "Denkschrift" der Hohen Regierung in Luxembourg.

Unsere Schrift berichtet, in welcher Situation wir uns zur Stunde befinden. Wir versuchten einen Beweis zu erbringen, wie wir von unsern Vorfahren her seit mehr denn 1000 Jahren als Langsurer Bürger mit dem auf der rechten Sauerseite liegenden Bann verwachsen sind. Gewiss entstanden seit etwa 100 Jahren politische Diktate, die weitab von allem Herkömmlichen standen, die die gegebenen Situationen einzelner Gemeinden nicht berücksichtigten und auch nicht berücksichtigen konnten. Unsern Verhältnissen am meisten fernstehend zerschnitt der Pariser Friedensvertrag vom 30. Mai 1814 unsern Bann in zwei Teile. Die Hohen Luxembourgischen Regierungen von damals bis heute zeigten weitkommendes Verständnis für das Bestehen der Langsurer Gemeinde und betrachteten Langsur als ein durch vielfache Bande mit beiden Ufern der Sauer verbundenes Dorf. So verblieb es zum Segen für hüben und drüben, bis unsere jetzige unselige Zeit jene Lage schuf, die Ruin und Untergang für uns bedeutet, wenn nicht das gleiche Entgegenkommen auch diesmal wieder die Brücke schlägt.

Wir verkennen gewiß nicht die Schwierigkeiten, die ihnen heute in der ganzen Behandlung der Frage entgegen treten werden.

Wir hoffen aber zuversichtlich, dass es ihrer staatsmännischen Klugheit und christlichen Haltung gelingen wird, diejenigen Entscheidungen herbei zuführen, die zum beiderseitigen Verstehen und zum Segen der Grenzbevölkerung sich auswirkt: dass wir wieder in den Besitz des Altererbten Landes kommen und auch weiterhin wir früher als gute Nachbarn an der Grenze zusammen stehen.

 

Der Bürgermeister der

Gemeinde Langsur

gez. Ries Johann

Die Gemeinderäte:

gez. Faber Matthias,

Heintz Heinrich,

Clasen-Lutz Johann,

Thull Peter,

Lutz Peter

 

 

 

An die Großherzoglich-Luxembourgische Regierung In Luxembourg

Als derzeitiger Pfarrer der schwer geprüften Gemeinde Langsur möchte ich der "Denkschrift" einen herzlichen Segenswunsch mit auf den Weg geben. Ich kenne seit Jahren die Leiden und Sorgen der Grenzbevölkerung auf beiden Seiten, kenne aber auch die engen Beziehungen gerade der Edelsten und Besten der Grenzgemeinden. Ich bitte daher, die Eingabe als das ansehen zu wollen, was sie tatsächlich ist: Ein Schrei aus tiefster Not; eine ergebene Bitte, vorgetragen von Männern, die sich um das Wohl ihres Heimatdorfes und ihrer Mitbürger sorgen; Ein vertrauensvoller Schritt zu einer Staatsführung, die aus katholischer Schau ihr Denken und Handeln herleitet. Möge Gott zu einem guten Ende führen, was mit gutem und besten Willen versucht wird: Menschen vor Verelendung, vor moralischem und sittlichem Niedergang zu bewahren.

 

 

Ende 1946 - Anfang 1947 bekommen fast alle Besitzer von Weinbergen auch Luxemburger Seite ihre Pässe. Ein großer Teil der Weinberge durfte dann nach der Entrichtung einer Pacht bearbeitet und abgeerntet werden. 1947 endlich, wird nach langen Verhandlungen mit Luxemburg die Wasserleitung wieder hergestellt. Die Leitungsrohre werden an einem dicken Drahtseil aufgehängt, weil die Brücke vorläufig noch nicht gebaut werden darf. Selbst die Gemeinde musste Kompensationsware bieten, um überhaupt das Drahtseil zu erhalten. Etwa 12 Typhusfälle waren bis dahin auf Grund nicht einwandfreiem Trinkwasser zu beklagen. Der Wiederaufbau der Grenzbrücke erfolgte in den Jahren 1952/53.

 

Zeitgeschichte danach:

Dann 1959 Rückgabe der Ländereien der Gemeinde Langsur. Zwei Jahre später, 1961, Rückgabe der Wälder der Gemeinde. Es vergingen 16 Jahre nach dem Kriege, bis die letzten Ländereien wieder ihren früheren Eigentümern zur Verfügung standen. So müssen immer wieder die Grenzbewohner besondere Opfer bringen, von denen die Bürger im Inland und die meisten Politiker nichts mitbekommen. Die verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Bindungen der Grenzbewohner hüben und drüben, die im Grunde die Grenze nie als eine solche betrachteten, wurden zwar unterbrochen, aber nach einiger Zeit wieder intensiviert und aufgefrischt und sind bald wieder dieselben wie zuvor. 1974 hatte Langsur 935 Einwohner. Grewenich, Metzdorf und Mesenich bildeten mit Langsur eine Großgemeinde mit dem Namen Langsur und den Ortsteilen Mesenich, Metzdorf, Grewenich und Wasserbilligerbrück. Die Einwohnerzahl wuchs auf 1690. Dies geschah am 19.04.1974 und war wirtschaftlich gesehen eine gute Lösung. Konnten doch durch die doppelten Schlüsselzuweisungen, die uns 10 Jahre erreichten, größere Maßnahmen als vorher in allen Orten durchgeführt werden.

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