Longasura ist Langsur


Der erste Europäer war ein Langsurer

29.07.2011 15:38

Erzählt von Erwin Weber (© 1990). 

 

Der erste Europäer war ein Langsurer Bürger, der "Schlarpe Metts" genannt wurde. Matthias Schlarp war Zimmermann und in unserer Gegend, besonders aber im Ländchen (Großherzogtum Luxemburg) gefragt. Sicher auch, weil er Junggeselle war und von daher mehr Zeit als andere auf der jeweiligen Arbeitsstätte in seinem geschätzten Beruf verbringen konnte und auch wollte. Zu Fuß, mit der Eisenbahn und dann wieder zu Fuß zur jeweiligen Baustelle und nach der Arbeit wieder dasselbe zurück, war der tägliche Ablauf. „Schlarpe Metts“ war im ersten Weltkrieg Soldat, wurde verletzt, dann entlassen und arbeitete ab Kriegsende wieder als Zimmermann.

Seit dem 11. November 1918 schwiegen die Kanonen im Westen. Das Ende des ersten unsinnigen Weltkrieges war besiegelt. Der Rückmarsch der noch verbliebenen deutschen Armeen aus Frankreich und Luxemburg in Richtung des Rheins begann.

Viele Leute aus Langsur und Wasserbillig und der umliegenden Orte hatten sich an der Grenzbrücke über die Sauer zwischen Wasserbillig und Wasserbilligerbrück eingefunden, um den Abzug der marschmüden Truppen mitzuerleben. Auf deutscher Seite neben einer Holzbaracke stand Leutnant Schiller mit seinen Leuten. Leutnant Schiller war Chef der Passierscheinstelle und hatte viele Grenzgänger beider Seiten in der Zeit zuvor unnötig geärgert. Trotz des Waffenstillstands versah Leutnant Schiller hier an der Wasserbilligerbrücke mit der ihm eigenen Strenge seinen Dienst, sehr zum Unmut derjenigen, welche die Grenze passieren mussten. Noch waren nicht alle Regimenter über die Sauerbrücke, als sich in einer Pause, der allen dort weilenden Leute bestens bekannte, anfangs erwähnte Zimmermann sich der Grenze und damit der Passierscheinstelle näherte. Herr Schlarp kam wie gewohnt nach getaner Arbeit aus dem Ländchen. Auf des Leutnants übliche Frage nach seinem Passierschein trat der Zimmermann, der stets mehr Wert auf einen kühlen Trunk als auf seine Ausweispapiere legte, in Erkenntnis der gegebenen Lage näher an denselben heran. Mit lauter Stimme rief er: "Ich, Mathias Schlarp aus Langsur, brauche überhaupt keinen Passierschein mehr, ich bin ab heute nur mehr ein Europäer und ihr werdet es auch noch einmal werden." Schallendes Gelächter, aber Beifall klatschten alle. Und sogar der strenge Leutnant Schiller konnte ein Grinsen nicht verbergen. Er ließ den diesmal nicht zum Scherzen aufgelegten Zimmermann passieren und macht sich mit seiner kleinen Gruppe auf und davon.

Die nun aufgeregten Grenzbewohner waren nicht mehr zu halten. In kurzer Zeit nahmen die Baracke und Tausende der im Krieg so schwer zu erhaltenden Passierscheine ihren Weg über das Brückengeländer hinunter in die Sauer. Herr Schlarp wurde darauf hin noch lange in Wasserbillig und Langsur nicht anders als der Europäer genannt. 

Noch lange nach dem zweiten Weltkrieg, nämlich bis zum 21.12.1972, seinem Todestag (Er wurde 84 Jahre alt) war es dem "Schlarpe Metts" gegönnt, die weitere Entwicklung zur Europäisierung mit zu erleben. Seinen Beitrag dazu hatte er beizeiten geleistet.

Bei uns hier auf beiden Seiten der Sauer ist diese interessante Begebenheit zum Ende des ersten Weltkrieges und die Weissagung des "Europäers" respektvoll in Erinnerung geblieben!

 

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